Nora Turato
Thanks, I hate it!, 2020
Video
He’s not horny, He’s just very ambitious/
I considered asking the flight attendant whether she would
mind if I jumped out of the emergency door, 2020
Wandmalerei
Courtesy die Künstlerin,
Galerie Gregor Staiger und
LambdaLambaLambda
*1991 in Zagreb, Croatia
lives in Amsterdam
In den Performances, Videos und Wandarbeiten von Nora Turato ist die Sprache das zentrale Thema. Sie schreibt und performt Spoken-Word-Gedichte, verwebt Textfragmente aus Werbeslogans und Alltagssprache und reflektiert auf diese Weise die Sprach- und Textkultur der Gegenwart. Wie wird Sprache heute verwendet, und welche Signale übermitteln Klang und Sprechweise? Welche Wirkung hat die Ästhetik visuell wahrgenommener Texte? Sprache befindet sich in einem steten Wandel, in ihr kommt der gesellschaftliche Zeitgeist hör- und sichtbar zum Ausdruck. Was sich an ihr in Bezug auf eine kulturelle Entwicklung ablesen lässt, steht im Zentrum der künstlerischen Inventionen von Nora Turato.
Schon bei der Avantgarde des frühen 20. Jahrhunderts tauchen Texte und Textfragmente häufig in Bildern und Collagen auf. Dada und Surrealismus verstanden sich sowohl als bildkünstlerische wie literarische Bewegungen. Nicht wenige ihrer Protagonist*innen arbeiteten zugleich mit Malerei, Collagen, Skulptur und auch Dichtung. Gestaltung und Typografie wurden zu einem wichtigen Thema. Kurt Schwitters, einer der bedeutendsten Dada-Künstler, konstatierte: „Typographie kann unter Umständen Kunst sein.“ In der Dichtung wiederum begann etwa um 1930 mit der Konkreten Poesie das visuell-gestalterische Moment an Bedeutung zu gewinnen. Die Sprache selbst wird hier zum Thema, ihre phonetischen und visuellen Aspekte stehen im Mittelpunkt, der Inhalt tritt in den Hintergrund. In den 1960er-Jahren sind es insbesondere die Pop-Art und die Konzeptkunst, die Sprache bzw. Schrift und bildende Kunst miteinander verbinden. Die Erscheinungsformen sind vielfältig, Texte können zum alleinigen Gestaltungsmotiv werden, klare Aussagen treffen oder ausschließlich der Imagination dienen.
Heute haben sich die Bereiche, in denen Sprache und bildende Kunst einander begegnen, so immens vervielfacht, dass häufig kaum noch eine eindeutige Zuweisung an ein bestimmtes Genre möglich ist. Auch in Musik und Literatur, etwa durch die Beat-Bewegung der 1960er-Jahre, haben Spoken Word Performances an Bedeutung gewonnen und sind nicht zuletzt über die Fluxus-Bewegung wiederum ins Blickfeld der bildenden Kunst gerückt. In den Arbeiten von Nora Turato wird die Verschmelzung der Künste direkt erfahrbar: Ihre Praxis umfasst sowohl Spoken Word Performances, Video- und Audio-Arbeiten, großformatige Wandbilder, Grafiken als auch Künstlerbücher. Die Skripte, auf denen ihre Arbeiten basieren, reflektieren sowohl die Medien als auch die gestalterische Form und die Inhalte jener Sprache, mit der wir tagtäglich konfrontiert werden. Textfragmente aus Werbung und Social Media, Alltagsfloskeln, Film und Literatur verdichtet sie zu rhythmischen Sprechakten und visuell eindringlichen Bildern. Im Mittelpunkt ihres Interesses stehen dabei die Wirkung von Sprache im jeweiligen Kontext, die politische Vereinnahmung von Begriffen und die milieuabhängige Interpretation von Sprache.
Johanna Adam
Nora Turato hat an der Rijksakademie van Beeldende Kunsten
und an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam
sowie am Werkplaats Typografie in Arnheim studiert.
Ihre Praxis umfasst sowohl Spoken Word Performances, Video- und Audio-Arbeiten, großformatige Wandbilder, Grafiken als auch Künstlerbücher.